Tiān gāo huángdì yuǎn.
„Zu den lehrreichsten Sprüchen, die ich in sechs Jahren China gelernt habe, gehört dieser: Tiān gāo huángdì yuǎn – Der Himmel ist hoch, der Kaiser ist weit. Will heißen: Was Peking beschließt, verfügt und anordnet, muss noch lange nicht in dem riesigen Hinterland passieren. In Yunnan, Tibet, Sichuan und vielen anderen westlichen oder zentral gelegenen Provinzen der Volksrepublik hält man es mit der Ferne: Was Peking nicht sieht oder weiß, macht Peking auch nicht heiß.“
(http://blog.markusgaertner.com/2010/08/07/china-der-himmel-ist-hoch-der-kaiser-ist-weit/)
Das Sprichwort geht zurück auf die Regierungszeit des Jiajing-Kaisers (嘉靖, 1507 – 1567) während der Ming-Dynastie (明朝 Míngcháo) als in der ostchinesischen Stadt Kūnshān (昆山) der korrupte Mandarin Yáng Tíngzhēn (杨廷桢) das Volk auspresste. Zu seinem 40. Geburtstag verkündete Yang, dass er groß feiern wolle, damit ihm das Volk für seine „unermüdliche Arbeit“ danken könne. Der Hintergedanke war selbstverständlich, noch mehr herauszupressen.
Aus diesem feierlichen Anlass wünschte er auch ein schönes Motto. Seine Untergebenen überlegten lange, was sie schreiben sollten. Letztlich entschieden sie sich für die folgenden vier Schriftzeichen:
天高三尺。
Tiān gāo sān chǐ.
„Der Himmel ist drei Fuß höher.“
Am Geburtstag standen die Bürger Schlange vor dem Amtsgebäude, um mit einem verkniffenen Lächeln ihre Geschenke abzugeben. Da ergab es sich, dass gerade der Premierminister Gu Dingchen seine Heimatstadt Kūnshān besuchte. Die Leute wichen rasch zur Seite, um die Kutsche des Premiers durchzulassen und säumten respektvoll die beiden Straßenseiten. Der Premierminister sah aus seiner Kutsche die Schrifttafel und wunderte sich über diese Worte. Er ließ also sein Fahrzeug anhalten und fragte die beiden Männer, die die Schrifttafel trugen: „Der Himmel ist drei Fuß höher? Was soll das bedeuten?“
„Seit Yáng Tingzhen in unsere Stadt kam, hat er drei Fuß vom Boden weggekratzt. Folglich muss der Himmel doch drei Fuß höher sein.“
Der Premier ließ die Amtsführung des korrupten Mandarins überprüfen und sandte einen Bericht an den Kaiser, der den Übeltäter hinrichten ließ.
Verwendung:
„Der Himmel ist hoch und der Kaiser weit“ meinte ursprünglich also, dass der Kaiser und der Himmel so weit entfern waren, dass sie die Not des Volkes nicht zur Kenntnis nahmen. Heute bedeutet es eher „Ist uns doch egal, was die in der Hauptstadt beschließen.“
Vokabeln:
天 tiān Himmel | 高 gāo hoch |
皇 huáng Kaiser | 帝 dì Kaiser |
远 yuǎn fern (Langzeichen: 遠) |