huà lóng diǎn jīng
einen Drachen malen und die Pupillen hinzufügen
Der berühmte Maler Zhang Sengyao (张僧繇, 502-519) besuchte eines Tages einen Tempel – und als die Mönche ihn erkannten, baten sie ihn eine der Tempelwände mit vier Drachen zu verzieren. Ein Wunsch, den Zhang natürlich nur schwerlich abschlagen konnte.
Der Abt kam, um die Arbeit zu kontrollieren. Er betrachtete sie ganz genau und aus nächster Nähe, Plötzlich rief er: „Aber Eure Drachen haben ja gar keine Augen!“
„Wie Ihr seht“, erwiderte Zhang, „habe ich die Augen sehr wohl gemalt. Nur die Pupillen fehlen noch. Das ist aber Absicht. Sobald ich nämlich die Augen fertig gemalt habe, könnten die Drachen wegfliegen.“
Der Abt lachte laut und sagte: „Und das soll einer glauben? Malt sofort die Pupillen hinein! Ich lasse es doch nicht zu, dass Ihr nach der halben Arbeit weglauft.“
Da griff Zhang noch einmal zum Pinsel und tupfte einem Drachen die Pupillen auf die Augen.
Plötzlich donnerte es. Der Himmel verdunkelte sich und ein Sturm fegte durch den Tempel. Der Drache aber löste sich von der Wand und schwang sich in den Himmel. Nur die drei Drachen ohne Pupillen blieben an der Wand.
Zhāng Sēngyóu (張僧繇) beim Malen des Drachen
Verwendung:
„Dem Drachen Augen zu malen“ ist in China seither ein Sinnbild dafür etwas durch das Hinzufügen etwas Wesentlichen abzuschließen oder abzurunden. Verwandt sind die deutschen Redewendungen „das Tüpfelchen auf das i setzen“ und „einer Sache den letzten Schliff geben“.
Vokabeln:
画 huà malen (Langzeichen: 畫) | 龙 lóng Drache (Langzeichen: 龍) |
点 diǎn Punkt, auftupfen (Langzeichen: 點) | 睛 jīng Pupille |