Taiwan im Schatten des Ukraine-Kriegs

Am Donnerstag, den 8.12.2022 war Professor Dr. Jhy-Wey Shieh, Vertreter Taiwans in der Bundesrepublik Deutschland, zu Gast am Ostasieninstitut und hat zur Lage Taiwans unter den aktuellen geopolitischen Bedingungen gesprochen und mit den rund 80 Teilnehmern und Teilnehmerinnen diskutiert.

Taiwan hat sich seit dem Ende des Kriegsrechts im Jahre 1987 wirtschaftlich und politisch sehr gut entwickelt. So werden die weltweit leistungsfähigsten und kleinsten Mikroprozessoren heute auf der Insel gefertigt. Besonders stolz sind die Taiwaner jedoch auf ihr hart erkämpftes politisches System: Das Land belegt Platz acht auf dem Demokratieindex des Economist, noch deutlich vor Deutschland, das auf Platz 15 steht. Die wirtschaftlichen und politischen Erfolge in den letzten Jahrzehnten bilden für die Taiwaner ein starkes identitätsstiftendes Element. 

Prof. Dr. Jhy-Wey Shieh im Ostasieninstitut

Taiwan stand nie unter der Herrschaft der VR China; dennoch behält diese sich vor, die sog. Ein-China-Politik notfalls auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Die konkreten Spannungen sind in der letzten Zeit gewachsen. Damit droht in Ostasien ein ähnlicher Konflikt wie der in der Ukraine. Nach Ansicht von Professor Shieh werden die Taiwaner nicht freiwillig ihre politische Freiheit aufgeben und sich im Ernstfall verteidigen. Diesem Zweck dienen auch verschiedene Rüstungsprojekte wie etwa der Eigenentwicklung von U-Booten. „Taiwan baut U-Boote, um sich über Wasser zu halten“ lautet hier das Motto. Auch sei im Ernstfall ein Eingreifen der USA durchaus wahrscheinlich, da Taiwan aufgrund seiner Lage hin zum offenen Pazifik von großer geostrategischer Bedeutung für Amerika ist. Es bleibt zu hoffen, dass es sich nicht zum Äußersten kommt, aber es wäre fahrlässig, sich nicht auf den Ernstfall einzustellen.

Letzteres gilt auch für ausländische Unternehmen, die stark abhängig vom Geschäft mit der VR China sind: Die Folgen eines militärischen Konfliktes, die zu einem Abbruch von Lieferketten und zu einem Totalverlust von Investitionen führen können, sollten konkret kalkuliert werden. Weiter sollte die künftige Investitionspolitik dieses Risiko im Auge behalten. 

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