Christine Liew
Asiatische Gründlichkeit
Japanische Massenbewegung heißt Stromsparen
15. Juni 2013 – Focus Online
„Wenn Japaner sich einmal für etwas begeistern, dann machen alle mit. Am liebsten tragen die Bürger einen Wettbewerb aus. Ob es darum geht, Milchtüten zu recyclen oder Strom zu sparen – die Ergebnisse sollten möglichst plakativ darstellbar sein.
‚Oma, mach den Wasserkocher aus, der Fernseher zeigt wieder gelb!‘ Keiko, neun Jahre alt, verfolgt jeden Abend den täglichen Stromverbrauch von Tokyo. Leuchten die Grafiken gleich nach dem Wetterbericht gelb oder gar rot, weiß sie, was zu tun ist. Den Stecker ungenutzter Geräte ziehen und die Lampe auf dem Flur ausschalten. Japans Grundschüler gehören zu den jüngsten Energiewächtern des Landes, sie folgen begeistert den Regeln von ‚Setsuden‘ [節電], Stromsparen.
Tokyo schafft es wohl das dritte Jahr in Folge, seinen hohen Energiebedarf ohne Atomstrom abzudecken, nur zwei von Japans Atommeilern sind in Betrieb. Die Regierung setzt dafür auf die Begeisterungsfähigkeit des Volks. Wenn Japaner einmal von etwas überzeugt sind, setzen sie es auch um. Wie etwa ihre Vorliebe fürs Einsparen von Kosten ([節約] Setsuyaku), woran auch ich in meiner Zeit in Japan nicht vorbei kam. Mit meinen Nachbarn lernte ich im Gemeindehaus, wie man daheim Wasser und Strom spart und Milchtüten recycelt (auswaschen, aufschneiden und auf der Wäscheleine trocknen!). Ganz wichtig sind dabei für alle Altersstufen der spielerische Wettbewerb und die plakative Darstellung der Ergebnisse. All das bedient TEPCO [東電 Tōden] nun mit seiner allabendlichen Energie-Ampel.“